Obwohl kein Name auf dem Pokal zu finden ist, kann dieser keinem anderen gehört haben, als meinem Ururopa Hugo Ehrenwerth. Er arbeitete 24 Jahre lang in der Oberwarter Durckerei (Burgenland) als Schriftsetzer des lokalen Tageblatts. Den Pokal dürfte er bei seiner Pensionierung erhalten haben. Im Zuge seiner Wanderjahre als Druckereiarbeiter ist er aus dem Sudetenland in das Burgenland übergesiedelt, wo er eine Familie gründete. Mein Ururgroßvater hatte zwei Töchter und einen Sohn, mit denen er Zuhause Deutsch sprach. An dieser Stelle sei angemerkt, dass seine Frau zur Hälfte Ungarin war. Seine Töchter haben ebenfalls Durckereiarbeiter geheiratet. Meine Urgroßmutter stammt aus einer ungarischen Adelsfamilie aus Galant, sprach aber kaum Ungarisch, weil sie in Pressburg (Bratislava) im „Zuckermandler“ Bezirk aufgewachsen ist. Ihre ältere Schwester heiratete einen ungarischen Jungen, der einen slawischen Namen trug. Ihr Sohn übte den Beruf des Grundschullehrers aus und magyarisierte seinen Namen zu „Énekes”.
Die männlichen Mitglieder der Familie wurden 1914 in den Krieg eingezogen, die Frauen und Kinder überdauerten den Ersten Weltkrieg im Oberwarter „Ehrenwerth Haus“. Sie sprachen abwechselnd in deutscher und ungarischer Sprache, sodass sie es nicht einmal bemerkt hatten, wenn sie die Sprache wechselten. Hätten sie sich zu einer Nationalität bekennen müssten, wären sie verstört gewesen. Sie mussten sich erst im Jahr 1918 zu einer Nationalität bekennen. In diesem Jahr zog meine Urgroßmutter zurück nach Pressburg (Bratislava), ihre Schwester nach Wien, ihr Bruder nach Csorna. Der Pokal, der mit Sicherheit an einem besonderen Platz im Burgenländer Haus ausgestellt war, kam nach dem Tod meines Ururopas nach Wien. Von dort aus irgendwann zu meinem Vater nach Veszprém.
Vor kurzem las ich, dass man mit Backpulver Silber reinigen kann. Mir ist eingefallen, den Pokal damit zu reinigen, um zu sehen, ob der Pokal tatsächlich aus Silber ist. Tatsächlich! Er ist aus Silber, mit vielen Mustern aus der Sezessionszeit. Sein Inneres hat sogar eine Goldlegierung. Es wäre gut, ein Foto an die Familie Ehrenwert in Österreich, an die Familie Énekes in Győr und an die vielen Verwandten in Mitteleuropa zu schicken, die mittlerweile andere Namen tragen. Oder soll dieser in einem Museum ausgestellt werden? Aber in welchem? (übers. NNM)